1930 - 1938

Unsere Chronik in der Vorkriegszeit...

1930 - 1933

Von 1929-1933 wurden keine Schützenfeste abgehalten. Diese Jahre standen ganz im Zeichen wirtschaftlicher Schwierigkeiten und der politischen Radikalisierung. Zwar hatten alle Vereine und Vorstände den mehrheitlichen Wunsch, sich von den neuen Strömungen fernzuhalten, doch dieses gelang wohl nur in sehr wenigen Fällen. Im Sommer 1932 wurde am Nordgiebel der St. Otger-Kirche das vom Kunstbildhauer Professor Hosaeus aus Berlin-Char­lottenburg geschaffene Kriegerehrenmal für die 151 gefal­lenen Söhne und Väter des Krieges 1914-1918 aus Stadt und Land Stadtlohn errichtet. Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Als Putschist war er zehn Jahre zuvor kläglich gescheitert. Nun war ihm die Macht auf legalem Wege in die Hände gegeben worden. Viele Deutsche glaubten, in der Regierung werde sich Hitler, wie seine Vor­gänger, bald verschlissen haben - ein Irrtum, der bitter be­zahlt werden musste. Nur sechs Jahre brauchte Hitler, bis er Europa und die Welt in den schrecklichsten aller Kriege stürzte. An seinem Ende war auch unsere Heimatstadt ein Schutthaufen und der deutsche Name mit dem furchtbarsten Massenmord belastet. Die Menschen unserer Stadt nahmen die Meldung von der "Machtergreifung" zunächst so hin, wie sie zuvor manche Meldung aus der Reichshauptstadt aufge­nommen hatten: ein Regierungswechsel mit ungewissen Per­spektiven. Trotz allem wurde wieder für das nächste Schützenfest ge­plant. Zu den Vorbereitungen gehörte die Anschaffung eines neuen Schießstandes. Die polizeilichen Vorschriften waren inzwischen geändert und man verlangte für alle drei auf dem Schießplatz in Wessendorf stehenden Vogelstangen des Schützenvereins Wessendorf, der St. Georgius-Schützengilde und des Schützenvereins „ehem. Wessendorfer“ einen neuen Kugelfang. In einer Sitzung aller drei Vorstände im Lokal Frechen am 26. Mai 1933 legte man schriftlich in einer Vereinbarung fest, eine gemeinsame Vogelstange zu errichten. Die Firma Gebr. van Bömmel erhielt für 380 Reichsmark den Auftrag zum Bau dieser gemeinsamen Anlage. Sie wurde errichtet auf einem zugewiesenen Gelände, das im Eigentum der Gesamtheit der Interes­senten der Wessendorfer Mark stand und durch einen Beschluss des Kulturamtes Burgsteinfurt vom 5. April 1923 den Schützen fest zugewiesen wurde. Laut einer von den Herren Oberst Bitting, Frechen und Gertz un­terzeichneten Niederschrift erfolgte die Abnahme am 7. Juni 1933 und endete "mit einer kleinen Einweihungsfeier" wobei 48 Liter Union Bier am Bahnhof Wenningfeld verzehrt wurden.

1933

Das Schützenfest 1933 stand bereits ganz im Zeichen des nationalsozialistischen Geschehens. Am Sonntagnachmittag nahm unser Verein ge­schlossen an einer Flugveranstaltung teil. Zu dem Festball hatten die Flieger ihr Erscheinen zugesagt, so dass die Turn­halle und das daneben errichtete Festzelt überfüllt waren. Zu Ehren der Gefallenen des Vereins fand am Montagmorgen ein Seelenamt in der Pfarrkirche statt. Anschließend folgte im Schützenzelt ein Frühschoppenkonzert. Die alte Majestät Bernhard Harira nahm dann auf dem Marktplatz die letzte Parade ab. Neuer König wurde Johann Voß, seine Throngemahlin wurde Fräulein Bernhardine Terhechte. Nach der Königsparade auf dem Marktplatz wandte sich Oberst Gertz noch in einer Ansprache an die Schützen und forderte dieselben auf, dem neuen König treue Gefolgschaft zu leisten. Von Seiner Majestät hoffte er, dass er ein milder Herrscher sei und „sich dem neuen Geiste“ anpassen werde. Auf dem Schützensilber steht: „König und Königin im Jahre der nationalen Erhebung 1933“. Dieses zeigt uns anschaulich, in Silber geprägt, wie groß die Einflussnahme der braunen Machthaber war. Am 12. September läuteten im ganzen Bistum Münster die Glocken und jeder wusste: „Wir haben einen neuen Bischof, Clemens August Graf von Galen“. Er war eine Säule der ka­tholischen Kirche im Kampf gegen die Nationalsozialisten. Am ersten Maisonntag des Jahres 1934 wurde erstmalig auf einer Generalversammlung der St. Georgius-Schützengilde in der Turn- und Schützenhalle von einer „Wiedervereinigung der Schützenvereine“ gesprochen. Bürgermeister Clemens Blanke sprach im Rahmen der Ta­gesordnung zum Thema „Neuorientierung des Vorstandes“ und meinte: „Eine liberalistische Auffassung hat eine Zer­splitterung der Kräfte bewirkt. Wir sind es unseren Vätern und auch dem Vaterland schuldig, eine Wiedervereinigung der Schützenvereine anzustreben. Die Schwierigkeiten sind nur auf den ersten Blick groß.“ Der Widerstand war aber so groß, dass die zunächst angestrebte Eingliederung unseres Vereins zum Schützenfest 1935 nicht zustande kam. Parteigenossen wie Blanke, Ameis und Nüsperling u.a. verstärkten ihren Einfluss auf das Vereinsgeschehen aller Gruppen und machten ihren Einfluss in allen Bereichen geltend. So mussten beide städtischen Schützenvereine in den nächsten Jahren notgedrungen dem Deutschen Schützenbund beitreten, der dem Reichsbund für Leibesübungen angeschlossen war und Schießgruppen einrichten. Die Schützen betrachteten die Übungen auf dem Schießstand im Lohnerbrook als sportlichen Wettkampf. Die politischen Machthaber sahen darin doch mehr eine Art vormilitärische Ausbildung. Die Menschen in unserer Stadt hatten sich nicht verändert, doch der Geist derer, die sie beherrschten, war inzwischen ein anderer.

1933: Auf dem Marktplatz

Schützenthron 1933
König Johann Vos, Königin Bernhardine Terhechte Oben v.l: Bernhard Terhechte, Johanna Terhechte, Hermann Brinkmann II, Hedwig Wessing, Willi Willemsen, Maria Vos, Theo terhechte, Josef Jödden Unten v.l: Änne Wigenhorn, Bernhardine Terhechte, Johann Vos, Mina Bansberg

1936

So stand auch das 25-jährige Jubiläum im Jahre 1936 unter einem falschen Stern. Die Königswürde errang Peter Carstensen, der sich Agnes Wilmers zu seiner Jubiläumskönigin erkor. Die Generalversammlung wurde in diesem Jahr im Lokal Abbing-Kresken abgehalten. Bei den Wahlen wurden Heinrich Niewöhner als Vorsitzender und Wilhelm Gertz als Oberst sowie Johann van der Loo als Kassierer und Hermann Len­sing als Schriftführer bestätigt.

Schützenthron 1936
König Peter Carstensen, Königon Agnes Wilmers v.l: Elisabeth v. Almsik, Bernh. Harira, Frau Giese, Hubert Doods, Frau Doods, Karl Giese, Frau Winking, Johann Winking, Frau Carstensen, Ludwig Wilmers, Agnes Wilmers, Peter Carstensen, Frau Forell, Johann Terliesner

Aufstellung zur Abnahme der Parade am Marktplatz 1936: Oberst Wilh. Gerz, ?, Bernh. Nathues, Heinr. Niewöhner, G. Himmelberg, Bernh. Heming, Josef Stooots, B. Hunhoff, Gerh. Tenbrink, Heinr. Stowermann, Bernh. Hetpas

1938

Die Zeit bis zum nächsten Schützenfest 1938 war gekenn­zeichnet von der starken Inanspruchnahme durch die Politik und der Zusammenfassung aller Alters- und Berufsgruppen in politische Organisationen. Dieses wirkte sich negativ auf das Schützenwesen und auf die Beteiligung aus. Die Mitglie­derzahl sank 1938 unter 100. Bernhard Stowermann über­nahm beim letzten Schützenfest der Vorkriegszeit das Amt des stellvertretenden Oberst. König in diesem Jahr wurde Bruno Jansen, zur Königin nahm er sich Frau Bernhardine Thesing. Sie ist heute die älteste noch lebende Königin in unserem Schützenverein, Frau Bernhardine Menzel, geb. Thesing.

Schützenthron 1938
König Bruno Jansen, Königin Bernhardine Menzel Maria Veltscholten, Hermann Schweers, Elisab. Stoots, Aloisius Heming, Hedw. Tenbrock, Bernh. Veltscholten, Traudchen tenbrink, Josef Berthues, Else Schley, Hermann Gericks, Frau Nagel, Josef Wewers
Hauptwache 1938: Dominik Kroff, Bruno Jansen, Hauptmann Heinrich Hesse

Einmarsch in die Turn- und Schützenhalle 1938